10.05.2015

Harter Schlag quer übers Meer

Zum Schluss der Reise kommt der härteste Schlag von allen, einmal quer übers Karibische Meer, Kurs auf Kolumbien. Eigentlich sollte im Mai der Passatwind schwächer werden bis im Juni die überwiegend schwachwindige Hurricane-Saison einsetzt. Aber nichts da, volles Programm, eine Woche mit gerefften Segeln hart gegen den konstant stürmischen Passat (6-8 Bft) und gefühlte 4 Meter Welle. Etwas schwächeren Wind gibt es nur für ein paar Stunden im Lee der hohen Berge Jamaicas, mit Delfinen im Vollmond.
Mit aufmerksamem Auge auf dem Tiefenmesser überquere ich in der Nacht Pedro Bank, ein großes Flachwassergebiet südlich von Jamaica und fast so groß wie das Land selbst. Das Wasser hat nur 30-15m Tiefe auf meinem Kurs und es gibt Riffs etwas weiter weg. Nach 11 Stunden bin ich morgens wieder in tiefem Wasser.

Dann weiter zunehmender Wind und Belastungsprobe für Mann und Material. Padma kämpft sich tapfer gegen Wind und Welle, neigt sich auf jedem Wellenberg weit nah Lee und rauscht dann wieder ins nächste Wellental, mit 4 Knoten über Grund Richtung Südsüdost. Der Windpilot hält den Kurs, der Skipper hält sich fest.







Die Fenster sind undicht. Das wusste ich schon lange und hatte mir auf Trinidad neue, dickere Scheiben machen lassen, kam aber nie dazu sie einzubauen. Jetzt ist das Deck immer von Gischt nass und kleinste Mengen Seewasser kommen am Rand der Fenster durch und tropfen auf meine Koje. Ich lege mir ein Handtuch unter, aber letztlich liege ich tagelang feucht und salzig und mein Rücken wird langsam wund.

In der fünften Nacht springt das Gestänge, das das Solarpanel trägt, aus seiner Halterung und wird nur noch vom Bimini-Stoff gehalten. Beidrehen, um die Schiffsbewegung zu beruhigen, Gestänge einhängen und mit Leinen sichern, und wieder auf Kurs gehen.

In der sechsten Nacht fast ein Knock-Down, Eine Welle rollt das Schiff hart nach steuerbord. Ich liege dösend in der Koje und stelle erschreckt fest, dass ich auf den Schranktüren statt auf der Matratze liege. Sachen vom Kartentisch fliegen auf die andere Seite der Kabine und landen auf selber Höhe. Aber der Laptop auf dem Tisch bleibt stehen, die Schräglage muss 90 Grad betragen haben. Zum Glück richtet sich das stabile Schiff sofort wieder auf, die Segel haben nicht das Wasser berührt, es war wohl auf dem Wellenkamm. Aber alles was im Cockpit unbefestigt rumlag, wie nasse T-Shirts, sind weg, auch der Rettungsring aus seiner Halterung. Sonst kein Schaden, also weiter auf Kurs.

Am nächsten Morgen: Knall! Flatter! Das Kutterstag ist gebrochen und die Fock flattert hart im Wind. Der Beschlag an Deck ist ab und das Stahlkabel ist durch das Schlagen des Segels verknotet, mit Mühe kriege ich bei 35kn Wind das Segel gebändigt. Das dicke Tuch hat beim wilden Flattern einige Löcher bekommen. Ich bin von der fliegenden Gischt pitschnass, aber immerhin warm in der tropischen Sonne. Mit der Genua zur kleinen Ecke ausgerollt als Vorsegel gehe ich eine dreiviertel Stunde später wieder auf Kurs.

Am Abend, im Stockdunkeln, erreiche ich schließlich mein Ziel an der Nordküste Südamerikas. Man soll ja unbekannte Häfen nicht im Dunkeln anlaufen, aber was bleibt mir übrig, immerhin bin ich gut informiert und weiß, wo die Landzunge ist, hinter der die Marina liegt. Mehrere Yachten sind hier schon gescheitert, weil die offiziellen Seekarten veraltet sind und das sandige Land über die Jahre gewachsen ist. Der flache Strand ist auf dem Radar nicht zu erkennen. Mit dem Suchscheinwerfer kann ich auch nichts erkennen, aber ein paar Lichter leuchten mir entgegen, da sitzen wohl Fischer am Ufer. Ich navigiere vor allem mit GPS, Waypoints und Google Earth als Karte! Außerdem mit Tiefenmesser, der sandige Grund flacht langsam und stetig, und ich erreiche sicher das Innere der weiten Bucht. Das Ankermanöver vor der Marina bei immer noch starkem Wind ist problematisch, die Kette hat sich bei der wilden Schiffsbewegung verheddert und ich muss lange zerren, bis ich sie heraus habe. Dann hält der Anker nicht im Schlick, ich brauche mehrere Versuche. Nach einer Stunde ist das Schiff doch schließlich fest und ich kann erschöpft schlafen gehen.

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