28.12.2011

Bunt

In Afrika gibt es lustige bunt bedruckte Stoffe, aus denen man Kleidung macht.


Ich suche ein paar schöne Muster aus, kaufe in der Stadt jeweils ein paar Meter davon, und beauftrage den Schneider Malalba, nach Vorlage Hosen, Hemden und Röcke zu nähen. Das macht er auf seiner alten fussbetriebenen Nähmaschine auch sehr zuverlässig und kostengünstig, und ein paar Tage später hole ich die fertigen Kleidungsstücke ab.



Auf der Strasse, am Eingang zum CVD Clubgelände, hat Mama Bijoux ihren Stand. Sie ist immer gut gelaunt, und verkauft an die Segler bunte Kleidung und genähte Fahnen. Ich lasse für Nina eine Hose, und für Padma drei grosse Deutschlandfahnen nähen. Bei Wind und Sonne verschleissen Fahnen erstaunlich schnell, und so habe ich jetzt wieder für vielleicht zwei Jahre Vorrat. Sieht jedenfalls zünftig aus, wie neues Schwarz-Rot-Gold am Heck in der Sonne leuchtet.

14.12.2011

Dakar Stadt

Mit meinem Fahrrad erkunde ich die Stadt. Das ist bei dem Verkehr hier sicher gefährlicher für mich, als über den Atlantik zu segeln. Aber ich liebe ja solche Abenteuer.

Am Strassenrand genehmige ich mir auch mal einen Kaffee.

Strassenszene im einfachen Stadtviertel Medina.


Übrigens ist in dieser Gegend Youssou N'Dour aufgewachsen und hat dort seine Karriere als Sänger begonnen. Inzwischen ist er der berühmteste senegalesische Künstler und bewirbt sich in 2012 für das Amt des Staatspräsidenten.


In der Innenstadt, neben der Strasse wo Immigranten aus Guinea ihre Obst- und Gemüseläden haben, ist ein Hof, in dem ein riesiger Baobab-Baum steht. Der Baum ist sicher schon lange dagewesen, bevor die Franzosen hier eine Stadt gebaut haben. Ich werde dort hingezogen, weil aus dem Hof Trommelrhythmen kommen. Ich stelle mich unter den Baum, und schaue zu, wie eine Gruppe junger Männer auf ihren Djembes spielt, andere dazu tanzen, und kleine Kinder herumspielen. Fast wie auf dem Dorf.

13.12.2011

Hann Plage

Der Strand im hinteren Teil der Bucht von Dakar, vor dem man hier ankert, sieht von weitem ganz malerisch aus, mit den bunt bemalten Fischer-Einbaum-Kanus. Von nahem sieht man aber leider, dass er mit Müll übersäht ist und tierisch stinkt, so dass man da nicht gerne werweilt.


Jedenfalls liegt das Boot hier sehr ruhig, gut geschützt und günstig (20 Euro/Woche). Es gibt sogar ein Shuttleservice vom Steg zu den Booten, mit Fahrplan, fährt ungefähr alle 2 Stunden. Aber ich nehme lieber mein Dinghy, dann kann ich fahren wann ich will.


Der Steg, an dem man mit dem Beiboot festmacht, sieht zwar abenteuerlich aus, ist aber durchaus funktional.


Neue Baustellen: Die Bordbatterien machen schlapp. Ich teste gerade welche noch wie viel Saft hat. Gestern auf dem Meer musste ich zwei Mal am Tag den Motor anmachen zum Nachladen. Auf dem Weg von den Kanaren hielten sie noch genug Ladung für zwei Segeltage.

An der Vorschiffsluke scheint die Dichtung zwichen Scheibe und Rahmen undicht zu sein, wenn Wasser überkommt, tropft es da immer durch aufs Bett. Da will ich versuchen, mit Sikaflex neu abzudichten.

Andere Segler reinigen hier sogar ihr Unterwasserschiff.

12.12.2011

Ankunft in Dakar

Die Insel Goré am Eingang zur Bucht von Dakar.




Meine Überfahrt von Sal nach Dakar hat zwei Tage und drei Nächte gedauert. Es gab wenige besondere Ereignisse. Beim Gemüseschneiden habe ich mir in den Finger geschnitten. Aber nicht so tief, dass es richtig geblutet hat, nur die Haut hat einen Schnitt, also garnicht schlimm. Etwas erkältet habe ich mich, vermutlich als ich am ersten Abend eine Weile im zugigen Cockpit in der kühlen Brise gesessen habe. Ich hüstel immer noch, aber auch das ist nicht so schlimmt. Hätte mir beides genausogut an Land passieren können.

Es sind nachts wieder etliche Fische aufs Deck geflogen. Oft habe ich von unten den Aufschlag gehört, einmal hat es an der Want Zeng gemacht. Da habe ich mich aufgerafft, bin gut angeleint aufs Deck gekrochen, habe die Fische eingesammelt und über Bord geworfen. Manchen Fischen habe ich das Leben gerettet, bei vielen war es zu spät, die waren schon vertrocknet.

Der "Yachtclub" hier (CVD, Cercle de la Voile de Dakar) ist nicht nobel, aber nett, mehr so eine Art Strandherberge für Overland- und Oversea-Traveller, mit Bar und Terasse unter Palmen. Jedenfalls lebhafter und stimmungsvoller als irgendwo in den Kapverden. Die Segler hier sind fast alles Franzosen, und alle nett.

Jetzt bin ich wieder an Bord, habe das USB-WLAN-Gerät angeschlossen und die Richtantenne auf die Yachtclub-Bar ausgerichtet. So sitze ich mit dem Computer an Bord und bin online. Ich habe mir was leckeres zu essen gemacht und bin jetzt satt und hundemüde.

Letzte Nacht habe ich nur häppchenweise geschlafen und ab 6 Uhr garnicht mehr. Um 11 Uhr war ich sicher geankert und habe erstmal etwas geschlafen. Am Nachmittag habe ich Dinghy und Fahrrad klar gemacht und bin an Land gefahren. Zum Einklarieren war es schon zu spät, aber immerhin habe ich schon mal einen Geldautomaten gefunden und Bargeld besorgt. Von den Strassen hier habe ich gleich etwas Kulturschock bekommen. Kapverden ist dagegen fast Europa. Hier ist richtig Entwicklungsland. In der Seitenstrasse, an der das Clubgelände liegt, ist von Asphalt kaum noch was zu entdecken, sie besteht überwiegend aus Sand und man fährt darin wie auf einer Saharadüne. Mein Fahrrad sieht nach 100m schon fast so sandig aus wie ein Motorrad am Ende der Rally Paris-Dakar. Auf der Hauptstrasse herrscht Verkehrschaos, mit Schwerlastwagen, Autos, Mopeds und mir. Immerhin war es nur etwa 1km bis zu einer Bank mit Geldautomat. Nach ein paar Minuten Warten wurde der sogar Betriebsbereit. Und mit mehreren Versuchen habe ich schliesslich auch Geld herausbekommen.

Morgen Vormittag steht mir eine Odyssee zu den Hafenbehörden bevor. Dann ruhe ich mich jetzt besser mal aus.

Angekommen!

Michi ist heute sicher und gesund in Dakar angekommen. Yeah!

09.12.2011

Anker auf

Nina und Kaya sind bis zum neuen Jahr bei den Lieben in Deutschland, und ich fahre nach Afrika!

350 Seemeilen bis Dakar. Die Wettervorhersage ist günstig (Windstärke 4 aus NNE), der Mond ist voll, und Padma ist seeklar. Ich hole jetzt den Anker auf und bin, inshallah, am Montag in Dakar.

04.12.2011

Von Walen, großen Schiffen, Stränden und Sehnsuchtsmusik

Der Tag beginnt mit Whalewatching. Allerdings innerhalb unseres Salons. Da sieht man den Wal dann auch besser. (Strenggenommen müsste eigentlich hier von Whalecatching die Rede sein - oder Whaletossing?).


Nach dem Mittagessen machen wir einen Dinghy-Ausflug zu dem riesigen 35-Meter-Schiff, das leuchtend rot hinter uns ankert und mit seinem traditionellen Rigg extremst malerisch aussieht. Gestern hatten wir Annalies, die Co-Skipperin, am Strand kennengelernt und waren eingeladen worden, mal vorbeizuschauen.

Als wir ankommen, steigt Annalies gerade mit drei wuseligen Hunden in ihr eigenes Schlauchboot. Gassi gehen bekommt auf einem Segelboot auch ganz neue Konnotationen. Da muss man erstmal zum Strand tuckern, bevor irgendwer Gassi gehen kann. Und bei der Welle, die hier gerade in die Bucht rollt und die Dinghys lustig herumhüpfen lässt, ist das Ein- und Aussteigen echt eine Kunst. Wie aus einem fahrenden Aufzug rauszuspringen. Annalies bleibt gelassen, verfrachtet die japsenden Hunde gekonnt auf ihr Boot, wirft den Außenbordmotor an und braust winkend davon. Jetzt sind wir dran. Eugene, der amerikanische Besitzer und Skipper dieses gigantischen Schiffes, hilft uns, an Bord zu kommen. Von hier unten könnte man sich eher in einer Fähre wähnen, statt in einem Segelboot. Wir klettern von dem Dinghy auf eine massive, herausstehende Plattform, von dort geht es durch eine schwere Stahltür nach drinnen. Der Geruch, die Akustik hier drin, das entfernte Brummen des Generators, das Gefühl des kühlen Metalls an den Händen - all das erinnert an frühere Familienurlaube, als wir mit unseren kleinen Kinderrucksäcken staunend aus dem Auto im Unterdeck stiegen, an den Händen der Eltern durch den Geruch von Diesel und Öl hindurch zur Treppe gingen und die steilen Stahlstufen erklommen, im Vorbeigehen die massive Schwere all der Türen um uns registrierend, auf denen meistens in großen Druckbuchstaben der Durchgang für uns Passagiere strikt verboten wurde

Heute steht uns genau so eine Tür offen, durch die wir nun (mindestens genauso staunend wie damals) Eugenes stolzes Segelschiff "Lagaren" betreten. Und was für ein Schiff! Man sah ja schon aus der Entfernung, dass es groß ist, aber die schieren Ausmaße verblüffen dann doch, wenn man sich innen drin befindet. In Analogie zum Immobilienmarkt könnte man sagen: Padma ist ein winziges, kuscheliges Einzimmerappartment, Lagaren eine zweistöckige Altbauvilla mit Keller, ziemlich zugerümpelt. Tatsächlich lernen wir bei unserer Tour durch die Stockwerke, dass Eugene auch sein Motorrad hier geparkt hat, dass es eine Sauna gibt, eine eigene Vorratskammer, mehrere Zimmer (richtige Zimmer!) und einen Maschinenraum, in dem allein Padma Platz finden könnte. Das Herzstück des Ganzen jedoch ist das Wohnzimmer. Eine Treppe tiefer, unter der Küche, befindet sich ein gigantisch großer Raum. Rechts und links, angepasst an die Rundung des Schiffsrumpfes, sind Regale eingebaut, vom Boden bis zur Decke, in denen eine umfangreiche Biblio-, Audio- und Videothek ihren Platz hat.

Im vorderen Teil des Raumes gruppieren sich um einen Megaflachbildfernseher alle denkbaren Instrumente: Gitarren, ein Cello, ein elektronisches Klavier, ein Schlagzeug, Mischpult, Boxen, kurz: ein gesamtes Musikstudio. Davor flauschige Teppiche, ein Sofa, Kissen, dann ein Esstisch mit schweren Holzstühlen. Im hinteren Ende ist ein Ofen eingebaut, offenes Kaminfeuer ist hier also auch machbar. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr raus, schließlich habe ich mich in den letzten Monaten auf eine andere Art des Lebens, eine sehr spartanische, eingestellt. Und dass Menschen an Land anders leben, ist mir schon klar.

Aber dass man auf einem Segelboot auch anders wohnen kann, das wirft mich um (nun gut, da ist Eugene nun auch echt eine ziemliche Ausnahme - und ich möchte gar nicht wissen, was dieses Schiff laufend kostet). Bei der Tour erfahren wir auch viel über ihn, seine Lebensgeschichte, seine Träume und Ideen. "Basically, I just wanna be a good man. That´s all I want in life. Be a good man." Mit seinem Piratenbart, dem nackten, tätowierten Oberkörper, dem chromglänzenden Chopper im Schiffsbauch und überhaupt all diesen angesammelten Statussymbolen (inklusive des Schiffes selbst) könnte er einen anderen Eindruck vermitteln. Aber ich glaube ihm. Er ist Amerikaner, er hat Geld, er gibt es aus für Dinge, die ihm Freude machen. Aber mein Herz springt ihm entgegen. Er ist einer von den Guten, trotz allen Äußerlichkeiten, das spürt man.

Wir wollen nochmal an Land, also laden wir Eugene und Annalies zum Abendessen ein und verabschieden uns vorerst. Uns lockt die kleine Insel neben der Ankerbucht. Wenn das mal kein posterreifer Sandkasten ist!

(Im Hintergrund sieht man übrigens am Bildrand rechts Lagaren dümpeln).

Was das Bild allerdings nicht zeigt, ist dass die Insel leider von Müll übersäht ist. Plastikflaschen, Glasscherben, Plastiktüten, Sandalen, Plastikdeckel... Gruselig. So posterreif ist der Sandkasten dann doch nicht. Und kühl wird es auch langsam. Wir gesellen uns noch ein bisschen zu einem Grüppchen Kapverdianer, die mit viel Alkohol und Gitarre im Sand sitzen...


...und kapverdianische Sehnsuchtslieder spielen. Kaya darf auch mal:

Dann geht's wieder ab ins Dinghy und nach Hause. Wir müssen ja auch noch Essen vorbereiten.

Annalies und Eugene sind spannende Gesellschaft. Ich merke bei den Unterhaltungen über unserem Kürbisrisotto mal wieder: Das ist wirklich etwas, was mir am Reisen gefällt und was ich sonst so nicht habe. Neue Menschen. Immer wieder. Neue Geschichten. Neue Perspektiven. Neue Fragen an einen selbst, auf die man neue Antworten finden kann. Neue Inspiration. Neue Lebensenergie. Das ist ein Geschenk. Und ich bin dankbar dafür.

02.12.2011

Strandspaziergang

Weißer Sand!!
















Erste Eindrücke vom Ort Sal Rei





Erste Blicke auf die Ankerbucht bei Sal Rei, Boavista

Um die Segelboote zu erkennen, muss man ggf. das Bild vergrößern: Wir liegen ganz am Horizont, ca. 1km weit draußen. Hier ist es ziemlich flach und voller fieser kleiner Riffe, so dass die Ankerstelle ziemlich weit weg liegt vom Ufer. Die verbleibende Distanz muss dann eben per Dinghy zurückgelegt werden.


Erst mal stärken...


Toll, diese Restaurants mit Kinderbetreuung!


01.12.2011

Strangers in the night

Alles gut gegangen! Wir sind da! Boavista liegt mit sanften, weißen (!) Sanddünen und türkisblauem Wasser vor unserem Bug, der Anker ist fest, neben uns ragt die kleine Insel Ilheu de Sal Rei aus dem blitzenden Meer. Jetzt können wir aufatmen und uns erholen. Ich liebe diesen Moment!

Eigentlich verlief die Fahrt gut und unspektakulär. Der einzige Augenblick, in dem uns beiden ein bisschen das Herz in die Hose gerutscht ist, war, als nachts um 4 etwa ein ziemlich beeindruckend großes Frachtschiff in weniger als 0,5 Meilen hinter unserem Heck vorbeiknatterte. Es war meine Wache. Ich hatte die Lichter gesehen, sobald sie am Horizont zu erkennen waren (stockfinstere Nacht, kein Mond, etwas diesig) und sie brav mit dem Fernglas im Auge behalten. Aufgabe in einem solchen Fall ist es, die Peilung zu beobachten. Im Fernglas ist ein Kompass eingebaut. Wenn die fremden Lichter ihre verhätnismäßige Position zu uns nicht verändern, also immer im gleichen Winkel bleiben, heißt das: Kollisionskurs. Kollisionskurs heißt: Skipper wecken. Ich zögere noch ein paar Minuten, gucke wieder und wieder durchs Glas und versuche, ganz sicher zu gehen, dass ich Michi nicht umsonst wecke. Der braucht ja auch seinen Schlaf. Aber nichts zu machen. Peilung steht. Und der andere ist groß, das ist an der Anordnung der Lichter ebenfalls zu erkennen. Michi ist prompt zur Stelle, zögert aber auch noch ein bisschen, was nun am besten zu tun ist. Um unseren Kurs zu ändern, ist es eigentlich schon zu spät, da hätte ich ihn früher wecken müssen. Bei solchen Situation sind ein paar Minuten ziemlich entscheidend. Während wir noch überlegen, erkennen wir, dass der andere abdreht. Statt rotem Lichtchen sehen wir nun ein grünes, was bedeutet, wir sehen nicht mehr seine Backbordseite, sondern Steuerbord. Er wird hinter uns vorbei gehen. Uff! Wir starren in die Nacht und beobachten die Lichter, die nun ganz rasch größer werden, bis wir das ganze, in der Dunkelheit gespenstisch wirkende Schiff in ungemütlicher Nähe hinter uns vorbeiziehen sehen. Das Leben auf See ist existentiell - daran gibt es nichts zu diskutieren. Aber wir haben es mal wieder geschafft. Dem Tod von der Schippe gehüpft und in den türkisen Gewässern vor Boavista gelandet. Eins spricht auf jeden Fall für diese Art des Reisens: Man nimmt das Erreichen eines neuen Zieles nicht als selbstverständlich hin. Dementsprechend intensiviert ist das Erleben des Ankommens. Aber ich merke auch: Ich freue mich auf die Abenteuerpause. Meine Nerven wollen einfach mal ausruhen.