Aber erst wird gefrühstückt (siehe Blogeintrag eins weiter unten). Dann muss Michi den Schlauch zum Heißwasserboiler reparieren, der leckt nämlich. Ich muss noch eine Runde in der lauschigen Bucht schwimmen. Dann muss am Motor die neu reparierte Pumpe nachgezogen werden, da kleckst Öl raus. Dann muss noch aufgeklart werden (alles sicher verstaut und weggeschlossen werden, damit uns nichts um die Ohren fliegt).
Als wir den Anker lichten, ist es 11 Uhr.
Kein Wind.
Unter Motor fahren wir ein Stück aus der Bucht raus, leichter Wind von 8 bis 10 Knoten. Kaya schläft, so kann ich prima mit anpacken. Wir setzen die Segel, merken aber schnell, dass das mit der Genua nichts wird. Padma macht kaum Tempo. So kommen wir nie an. Also wuchtet Michi den Gennacker aus der Achterkajüte nach oben. (Für alle Nichtsegler: das ist ein riesiges, ganz leichtes Leichtwindsegel, das vorne statt der Genua gesetzt werden kann und das Boot auch bei wenig Wind voranzieht). Großes Gewiggel mit diversen Schnüren (ok., ok., ich gebe zu: Ich bin so richtig im Seglerlatein auch noch nicht drin. Das sind eigentlich Fallen und Schoten, und wenn man das nicht weiß, dann solle man zumindest Enden sagen, oder Tampen? Jedenfalls: großes Gewiggel!). Michi schuftet tapfer, klettert nach vorne, sortiert, knotet, zieht, spannt... Als endlich der Gennacker sich stolz im Wind bläht, frischt derselbe plötzlich auf. Wahrscheinlich verlassen wir nun den Windschatten von La Gomera. 14 Knoten. 16. 18. Zu viel für den Gennacker, also wieder runter damit. Auch das ist eine irre Arbeit, aber schließlich liegt das Segel, in einen Schlauch gebändigt, an der Reling, wo Michi es festknotet. Falls wir es nochmal brauchen heute. Und die Genua wird wieder gesetzt. Uff! So viel Schufterei!
Wenigstens machen wir jetzt gute Fahrt. Mit 4 bis 5 Knoten rauschen wir El Hierro entgegen. Zeit für ein Mittagessen. Es gibt Risotto für alle, das wir mit Kaya auf dem Schoß im Cockpit einnehmen. Ich finde es schon gar nicht mehr so schwierig, bei dem Geschaukel zu essen, und schon gar nicht mehr so unheimlich, Kaya bei uns draußen im Cockpit zu haben. Ich glaube, mit jedem Törn, den wir machen, gewöhne ich mich mehr an das Schiff, nicht nur an seine Bewegungen, auch an seine Zuverlässigkeit und Robustheit. Ich traue ihm mehr zu. Und mir selbst auch. Gutes Gefühl!
Der Wind wird stärker. Erst 20, dann bis zu 25 Knoten, in Böen sogar 30. Holla. Padma kommt jetzt richtig auf Tour und macht etwa 7 Knoten Fahrt. Wir surfen nach El Hierro! Yeah! Unter uns rollen die Wellen von Achtern durch, was das Boot natürlich auch schaukeln lässt, aber deutlich angenehmer ist, als Wellen von vorne oder seitlich nehmen zu müssen. Während Michi sich zum Ausruhen ablegt, halten Kaya und ich im Cockpit Ausschau. Eigentlich gibt es nichts zu tun, hier ist ja sonst keiner und der Wind scheint sich nun konstant eingependelt zu haben. Aber Wache muss sein. Kaya in Regenjacke (manchmal spritzt hier dann doch etwas Wasser über uns) und Schwimmweste sitzt auf meinem Schoß und guckt fasziniert jeder dahinrollenden Welle nach. Ich muss zugeben: die sind auch wirklich beeindruckend! Irgendwann schläft sie ein und ich lege sie, gut gepolstert in ihrer Weste, auf dem Boden im Salon ab. Das kommt mir erst ein bisschen komisch vor (gehört das Kind für seinen Mittagsschlaf nicht ins Bett?), aber das ist der ruhigste Ort im ganzen Boot, hier findet am wenigsten Bewegung statt. Und schließlich mache ich diese Reise unter anderem auch, um mal althergebrachte Konventionen neu zu hinterfragen.
Kurz vor unserem Ziel wid es dann doch nochmal etwas ruppiger. 30 Knoten, in Böen 35, einmal sogar ein heftiger Ruck von 40 Knoten. Ich versuche, Kaya unter Deck zu bespaßen, merke aber schnell, dass Vorlesen bei 30 Knoten einfach keine gute Idee ist. Kurz an Deck, Mittagessen über die Reling und dann wieder nach unten zum Kind. Auch daran gewöhne ich mich langsam...Aber Gewöhnung hin oder her, die restliche Stunde kann ich nur noch blass auf dem Salonsofa verbringen, Kaya ist in der Babyschale festgeschnallt und saugt am Daumen. Tapferes Mädchen!
Da wir so unerwartet rasantes Tempo gemacht haben, laufen wir schon gegen 18 Uhr in die kleine Marina von La Restinga an der Südspitze von El Hierro ein. Und sind beide sofort verliebt in dieses Örtchen. Zwei Stege, einer für Motorboote, einer für Segler. Kinder springen jauchzend von der Hafenmauer ins Wasser. Ein winziger kleiner Strand mit drei Palmen und ein paar Familien. Uferpromenade mit zwei oder drei Cafés. Ein Spielplatz. Ein paar kastige Wohnhäuser. Rechts ein kleines weißes Hostal mit Terrassen und Treppchen, die in die schwarze Vulkanlandschaft gehauen sind. Sonst nichts. Dahinter nur noch Mondlandschaft. Ein toller Anblick! Eine Filmkulisse. Hier war lange Zeit das Ende der bekannten Welt. Und so fühlt es sich auch heute noch an. Irre! Rauh, wild, karg - und gleichzeitig (das ist natürlich auch dem schützenden Hafen zu verdanken) ganz kuschelig, behütet, herzlich.
Unser erster Gang führt, wie in jedem neuen Hafen, wenn es denn möglich ist, zur Pizzeria. Aber vorher wartet noch eine Überraschung auf uns: Unsere spanischen Stegnachbarn haben eine verletzte Wasserschildkröte gefunden und wollen sie gerade zum Tierarzt bringen. Die gucken wir uns auch mal genauer an. Ein großartiges Tier!
Jetzt aber Pizza!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen