Kaya schläft entspannt, während wir den Hafen verlassen.

Vor uns liegt Santo Antao,...

...im Kielwasser verschwindet Mindelo.

Da Jorge und Michi alles voll im Griff haben (und Kaya immer noch großartig schlummert), kann ich in Ruhe Photos machen. Zum Beispiel von den Fischern neben uns.

Die Fahrt verläuft ruhig. Das Meer ist glatt wie ein Bettlaken, kein Wind, wir tuckern mit Motor und ungefähr 5-6 Knoten Tempo zwischen den Inseln hindurch. Obwohl das Motorengeräusch ein bisschen lästig ist, ist es doch auch mal ganz schön, so zu fahren. Wie auf der Havel. Ohne die anstrengende Rollbewegung, die sonst bei Wind und Welle entsteht. Wir können sogar im Cockpit den Mittagstisch decken und in Ruhe essen, ohne unsere Teller auf dem Schoß festkrallen zu müssen. Das nenne ich Luxus! Tarrafal sieht schon von Weitem einladend aus. Eine kleine grüne Oase in der sonst kargen und rauhen Landschaft. Wir werfen den Anker nicht allzuweit vom Strand und machen das Dinghy startklar. Auf Jorges Anraten lassen wir den Außenbordmotor weg und nehmen die Paddel - eine gute Entscheidung, wie wir bald begreifen werden. Michi rudert zuerst Jorge samt Gepäck an Land, während Kaya und ich an Bord warten und das Ganze aus sicherer Entfernung beobachten. Eigentlich sieht es ganz idyllisch aus,...


...zumindest bis man auf wenige Meter ans Ufer herangerudert ist. Dann beginnen die Schwierigkeiten. Obwohl kaum Schwell in der Bucht ist, und Padma ganz sanft in leichten Wellen schaukelt, rauscht auf den Strand eine erstaunlich heftige Brandung. Die Wellen bauen sich erst kurz vorm Ufer richtig auf, brechen sich kraftvoll, spülen geräuschvoll über die Steine am Strand und ziehen sich prompt wieder mit massivem Sog zurück. Der Trick ist, abzuwarten, bis eine Lücke in den Wellen ist. Manche sind größer, manche kleiner. Es gilt, eine schwächere Welle abzuwarten, sie richtig zu erwischen, so dass sie das Boot an Land hebt, dann flink rauszuspringen und das Dinghy (am besten mit Hilfe, da schwer und sperrig) so schnell wie möglich ein paar Meter den Strand hochzutragen, bevor es von der nächsten Welle ins Meer zurückgesaugt wird. Das verlangt ein bisschen Übung! Wenn man die falsche Welle nimmt, kann einen die brechende Gischt nicht nur klatschnass machen, sondern im schlimmsten Fall auch das Boot quer werfen, woraufhin es von der nächsten zum Kentern gebracht werden könnte. Und wenn man es nicht schnell genug hochschleppt, hat man den nächsten Brecher im Rücken. Oh weia! Und das mit Kind im Arm! Aber wir wollten ja Abenteuer. Zum Glück stehen am Ufer bereits ein paar Einheimische, die Michi Zeichen geben und ihm beim Tragen helfen, so dass er heil und größtenteils trocken mit Jorge an Land kommt. Nun muss er aber auch wieder zurück, um mich zu holen. An Land kommen ist das eine. Das andere ist, wieder ins Wasser zu kommen. Auch hier ist größte Aufmerksamkeit gefragt. Auch hier könnte es sehr ungemütlich werden, zum falschen Zeitpunkt das Boot abzustoßen und direkt in einen der Brecher zu rauschen. Das glückt diesmal nicht ganz lehrbuchreif: Ich sehe, wie das Schlauchbötchen von allen gemeinsam zu Wasser gelassen wird, wie Michi mutig reinspringt, wie gerade dann eine Welle anrollt und das Boot senkrecht stellt. Für einen Moment ist es aus meinem Blick verschwunden, hinter der Wellenfront, dann taucht es wieder triumphierend auf, mit einem heftig rudernden Michi mittendrin. Geschafft! Schließlich sind diese Dinger ja auch dafür gebaut, über Wellen fahren zu können... Jetzt wir. Kaya steckt in ihrer Rettungsweste und weiß anscheinend nicht so richtig, wie ihr geschieht und was das alles hier soll. Ich setze mich mit ihr auf die Seite, um im richtigen Moment rausspringen und den Strand hochrennen zu können. Wieder stehen Helfer am Strand. Jorge und Freunde. Sie geben Handzeichen, als wir kurz vorm Ufer sind. Warten, warten, warten (Welle auf Welle spült unter uns durch) - jetzt!!! Eifrig winkende Hände signalisieren, jetzt schnell aufs Ufer zu rudern. Michi gibt alles. Wir berühren Sand, eine Frau streckt ihre Arme aus, in die ich dankbar Kaya gebe, wir springen aus dem Boot und rennen das Ufer hoch, Jorge und Michi mit Dinghy im festen Griff. Hinter uns rauscht die nächste Welle heran wie ein Raubtier, das wütend ist, in letzter Sekunde seine Beute verpasst zu haben. Mir zittern die Knie, mein Herz pocht. Aber wir haben es geschafft! Wir sind da! Hallo Tarrafal!
Die junge Frau, die Kaya entgegengenommen hat, wird uns als Jorges Tochter vorgestellt. Sie scheint sehr zufrieden, das Kind tragen zu dürfen, und marschiert fröhlich mit ihr Richtung Dorf. Kinderbetreuung ist hier wirklich sehr entspannt. Wir tapsen hinterher, ich noch ein bisschen benommen und mit Adrenalin bis zum Anschlag vollgepumpt. Wie im Rausch erlebe ich die ersten Eindrücke von Tarrafal: freilaufende Hühner, bunte Fischerboote, schattige Bäume, schwarzer Sand, gemischt mit rundgeschliffenen Steinen, die mit den Wellenbewegungen gegeneinander klackern, herumflitzende Kinder, die mit Plastikflaschen und selbstgebauten Schiffchen spielen und neugierig nach uns gucken, Wäsche im warmen Wind, Frauen, die vor den niedrigen Steinhäuschen sitzen, Männer, die Netze reparieren oder in der Sonne dösen. Licht und Schatten, beeindruckende Farben. Wir laufen barfuß über den warmen Sand. Gemeinsam zieht unsere kleine Karawane zu Jorges Haus, wo wir den Rest der Familie kennenlernen und ein bisschen entspannen. Und von wo aus wir die Schönheit dieses Örtchens gebührend bewundern und genießen können (im Hintergrund liegt Padma vor Anker).

Was für ein Tag!
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