Weit ist es nicht. Etwa 20 Seemeilen vom Hafen von Mindelo bis zu der kleinen Ankerbucht der unbewohnten Insel Santa Lucia, wo wir einen Zwischenstop auf unserer Fahrt nach Sao Nicolau einlegen wollen. bei 4 oder 5 Knoten Fahrt müsste das in maximal 5 Stunden zu schaffen sein.
Dementsprechend entspannt gehen wir morgens an die Vorbereitungen. Es muss nochmal Wasser nachgetankt werden, Boot aufgeklart (wie immer), Müll weggebracht etc. Schließlich ist es halb 1, als wir die Leinen an der Tankstelle der Marina loswerfen und Richtung Norden aus der Bucht steuern. Zunächst müssen wir an der Küste von Sao Vicente hochkreuzen, ein Umweg, der uns wertvolle Seemeilen und Stunden kostet. Dann geht es mit gutem Wind ums Kap und Richtung Ost/Südost auf Santa Lucia zu. Kaya und ich liegen benommen auf dem Salonsofa, während Padma sich am Wind fröhlich durch die Wellen kämpft und Michi an den Segeln zupft und die Navigation im Blick behält. Mehr ist nicht zu machen. So ist Segeln eben auch oft: Alles ist eingestellt, der Autopilot ist auf Kurs, jetzt kann man auf die Wellen gucken und meditieren. Könnte man. Wenn einem nicht so wahnsinnig schlecht wäre. Ich hänge blass und zitternd über der Pütz und merke mal wieder: Gute Entscheidung! Das mit dem Flug.
Zwischen den Inseln zeigen unsere Instrumente, dass wir 6 Knoten Fahrt durchs Wasser machen, aber nur 2-3 über Grund. Die Strömung hier scheint gegen uns zu sein. Und dagegen, dass wir noch bei Tageslicht die Ankerbucht erreichen. Michi legt schon mal den Suchscheinwerfer bereit. An der Küste von Santa Lucia kommen wir in die Abdeckung der Insel, die Fahrt wird viel ruhiger weil die Welle weg ist. Dann aber auch viel langsamer weil der Wind weg ist.
Die Dämmerung kommt, und noch 20 Minuten bis Buffalo. Als wir da sind, wo wir ankern wollen, ist es stockfinstere Nacht. Die Brandung am Strand ist zu hören, GPS, elektronische Seekarte, Tiefenmesser und Radar zeigen uns, wo wir sind, wo der Strand ist und wo die kleine Felseninsel in der Bucht, gegen die wir besser nicht fahren - aber zu erkennnen ist nichts außer dem tiefschwarzen Wasser rund um unser Boot. Ich stehe am Bug und starre ins Wasser vor uns, Michi am Steuer blinzelt per Suchscheinwerfer in die Dunkelheit. Im Schneckentempo tasten wir uns voran. Ein dezentes Lichtchen, das wir schon von Weitem sehen konnten, zeigt uns, dass wir nicht die Einzigen hier sind. Da liegt noch ein Schiff vor Anker. Und während wir uns noch durch die Nacht kämpfen, kommt plötzlich aus dem schwarzen Nichts ein Dinghy angeknattert. Der Skipper von nebenan. Ob er uns helfen könne? Er braust Richtung Strand und zurück, sagt uns, wie weit wir vom Ufer sind, wo sein Anker etwa liegt und wo er uns empfehlen würde, unseren zu werfen. Toll! Das nenne ich mal Solidarität unter Seglern. Mit seiner Hilfe finden wir bald eine geeignete Stelle und können uns endlich entspannt zurücklehnen. Uff!
Vor allem können wir jetzt die Stille und nächtliche Schönheit dieses Ortes gebührend bewundern und genießen. Als Kaya längst schon selig schlummert, stehen wir noch eine ganze Weile an Deck und starren in den Sternenhimmel über uns. Was für ein Moment! Was für eine Glückseligkeit in jeder Faser meines Körpers! Und was für ein Kampf, was für ein Leiden, hierher zu kommen. Per aspera ad astra. Durch die Dunkelheit zu den Sternen. Noch nie ist mir die Bedeutung dieser Weisheit so klar geworden, wie beim Segeln.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen