01.11.2012

Überfahrt Gamboa - Campinhos

Etwa 40 Seemeilen die Küste runter liegt die Bucht von Camamu, viel gelobt von Reise- und Revierführer und von anderen Seglern. Von mir aus könnten wir einfach hier bleiben, in Morro. Wir könnten am Strand chillen, bei Horst in den Pool springen, immer lecker essen, gute Bücher lesen - so einen ganz normalen Strandurlaub machen. Wie andere Familien auch.

Aber Michi will weiter. Und ich habe mittlerweile gelernt, dass es mir auch gut tut, die eigene Trägheit zu überwinden und mich mitnehmen zu lassen. Bisher habe ich dadurch wieder und wieder unglaubliche neue Erfahrungen machen dürfen.

Also gehen wir gegen halb 8 morgens Anker auf und steuern Richtung Süden. Raus aufs Meer. Mir wird schon im Vorhinein beim bloßen Gedanken schwummerig. Geschätzte 10 Stunden Geschaukel liegen vor uns. Wieder gilt die Devise: Durchhalten, nicht jammern, hilft sowieso nichts, stark sein, überleben. Ab und an über die Reling hängen...

Die Fahrt hat durchaus auch ihre schönen Momente. Wenn die Segel stehen, der Wind mit sanften 10 - 15 Knoten bläst und wir mit Wind und Welle mit flotten 5-6 Knoten vorangleiten, ist das schon ein beeindruckendes Erlebnis. Wenn mir nicht dauernd so übel wäre... Und wenn Kaya nicht dauernd lieber unter Deck spielen würde, wo das Geschaukel noch schwerer zu ertragen ist und wo es stickig und schwül ist. (Alle Luken müssen geschlossen bleiben, da ja sonst Salzwasser in den Salon spritzen könnte). Ich schaffe es eine Weile, auf dem Salonsofa das unermüdliche Kind zu beschäftigen, aber mir ist ziemlich flau dabei. Ab und an muss ich auch einfach mal ermattet daliegen. Gut, dass Kaya so geduldig ist und sich auch mal ein bisschen selbst unterhalten kann.


Draußen zu sein ist dagegen viel schöner. Als wir alle im Cockpit sitzen, Michi Auberginen-Risotto serviert, die Sonne scheint, die Wellen plätschern, ist segeln mal wieder ganz großartig. Und ich bin erstaunt, mit welchem Appetit wir essen können!

Da Wind und Wetter uns wohlgesonnen sind, erreichen wir unsere Ankerbucht in Campinhos, am Eingang zur Bucht von Camamu, schon gegen halb 5, angenehm vor Sonnenuntergang. Im Revierführer ist ausgiebig beschrieben, wie nett die Menschen hier seien und wie freundlich man in den Pousadas am Ufer empfangen würde. Wir sehen auch mehrere Stege, mehrere malerische Häuser dahinter - aber keinen Menschen. Alles ausgestorben. Als wir an Land gehen, wird dieser Eindruck bestätigt: Alle Pousadas geschlossen, verkauft, unbewohnt. Schade.

Trotzdem gefällt es mir hier. Wir gehen zum kleinen Strand, an dem nicht viel los ist. Eine einfache Bar mit Holztischen, ein paar Palmen, Kinder, die im sanften Flusswasser plantschen - alles sehr entspannt, sehr authentisch, sehr wenig vom Tourismus berührt. Wir lernen Regi kennen, einen freundlichen Brasilianer, der hier mit Frau und Kindern lebt, und der uns nicht nur anbietet, bei ihm morgen Wasser für unsere Tanks zu holen, sondern auch vorschlägt, dass seine Frau unsere Wäsche machen kann. Prima!

Kaya darf noch ein bisschen nakct im Wasser spielen, sich im Sand panieren und rumtollen, bis es dunkel wird. Was sie sehr genießt! Dann rudern wir zurück. Und ich bin froh, dass wir nicht in Morro geblieben sind und es uns bequem gemacht haben. Bequemlichkeit ist einfach nicht das oberste Ziel im Leben. Spannender ist es, wenn es zwischendurch eben mal überhaupt nicht bequem ist.

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