03.11.2012

Grandparents of the Sea

Heute ist Samstag - Markttag in Camamú. Ein Erlebnis, schreibt der Segelrevierführer, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Wir hatten gestern Abend schon alles gepackt, weil das Schnellboot nach Camamu angeblich um 6 Uhr morgens fährt. Wecker um 5.15 Uhr. Leider ist Michi ein bisschen krank, hüstelt, fühlt sich schlapp und grippig. Keine gute Voraussetzung für eine brasilianische Stadt... Wir entscheiden, hier zu bleiben.

Aber das frühe Aufstehen hat sich trotzdem gelohnt. Ich sitze auf dem Vorschiff im warmen Morgenwind und genieße den Sonnenaufgang über Campinhos. Naturschauspiele, glaube ich, gehören zu den tiefsten spirituellen Erlebnissen, die einem geschenkt werden können.


Jetzt, da der Tag wieder neu zur freien Gestaltung vor uns liegt, beschließen wir, das fremde Segelschiff näher kennen zu lernen. Im Fernglas haben wir bereits gesehen: "Second Wind, Juneau" - aus Alaska!

Es ist toll, wie unbefangen sich Nachbarsegler begegnen. Man steigt in sein kleines Ruderboot, rudert rüber, klopft an die Bordwand, wird - normalerweise - prompt an Bord gebeten und trinkt erstmal ein Käffchen zusammen. Bei allen die gleiche Neugier (Wo kommt ihr her? Wo wollt ihr hin? Wer seid ihr? Was ist eure Lebensgeschichte?). Probier das mal in Deutschland: Beim Nachbar klopfen und gucken, was passiert. Wie viele würden dich prompt einladen, reinzukommen?

Hier jedenfalls werden wir eingeladen - sehr herzlich. Marjorie und Bill, kurz vor 60, sind äußerst erfrischend in ihrer Art. Sie freuen sich auch über ein anderes Schiff, haben lange keine Segler mehr getroffen.


Wir bleiben lange, erzählen von uns und unseren Reisen und unseren Familien und unseren Ideen und Träumen. Schön ist das! Und Kaya wird auch verwöhnt, bekommt Kekse und Limo und kleine Geschenke. Marjorie ist ganz verliebt. Sie erzählt mit leuchtenden Augen von ihren eigenen 5 Kindern und von Kindern, die sie auf ihrer langjährigen Segelreise getroffen haben und für die sie "grandparents of the sea" geworden waren. Es tut gut, sich mal wieder mit intelligenten, gebildeten, interessierten Menschen zu unterhalten, deren Sprache ich spreche.

Und einen schönen Blick auf unser Zuhause haben wir von hier auch:


Nachmittags holen Bill und Marjorie Kaya und mich mit dem Bötchen ab, um zusammen zum Strand zu fahren, während Michi seine Grippe kuriert. Am Strand ist viel mehr los als gestern: zwei Partyboote liegen hier, spielen laute Rhythmen, Menschen tanzen an Bord oder im seichten Flusswasser. Samstag in Brasilien. Wir lernen eine tolle brasilianische Familie kennen, mit deren Kindern Kaya schnell Freundschaft schließt. Auch sie sind mit dem Boot unterwegs, aber schon seit etwa einem Jahr hier, haben ein Häuschen gemietet und verbringen ab und an die Wochenenden auf dem Boot. So geht's auch! Wir unterhalten uns mit Händen und Füßen, Brocken von unserem Portugiesisch und Brocken von ihrem Englisch. Sehr lustig!

Bevor wir zurück fahren, organisieren wir uns noch eine Transportmöglichkeit nach Barra Grande, dem viel gelobten Strandort um die Ecke. Wir verabreden uns mit Ronaldo, einem Touristenführer, für morgen 9 Uhr. Dann ab ins Schlauchboot und nach Hause. Toller Tag!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen