08.09.2011

Kanaren - Kapverden

Die Ueberfahrt aus Sicht des Skippers:

Eigentlich waren es nur drei Tage. Der Abfahrtstag, der Ankunftstag, und die Tage dazwischen. Die mittleren Tage sind in der Erinnerung kaum voneinander zu trennen, denn sie aehneln sich so. Das  Meer hat viele Gesichter, aber es hat uns immer das selbe gezeigt. Der Wind war konstant um die 20Knoten (Windstaerke 5) aus Nordost, mit der dazugehoerigen Welle von etwa 2m Hoehe, also klassischer Passat, perfekt fuer eine Ozeanreise.
Am ersten Tag war der Wind noch schwach (6-8 Knoten), ich habe den Gennaker (das grosse duenne Vorsegel fuer leichte Winde) gesetzt und wir machen gute 5 Knoten Fahrt. Als ich Nina mit der ersten Nachtwache alleine lasse, sage ich ihr, sie soll mich wecken, falls der Wind auf 12 Knoten steigt, dann bergen wir besser den Gennaker. Als sie mich spaeter ruft, mit einem alarmierten Ton in der Stimme, flattert das Segel in der Dunkelheit, nur noch mit dem Fall am Kopf gehalten. Beim Segelbergen wird klar, dass es gerissen ist, und zwar an beiden unteren Ecken komplett ab. Tja, das Segel war wohl nicht so stark, wie ich erwartet hatte. Naja, ich habe es als Schnaeppchen auf Ebay gekauft, und weiss nicht, wie alt es schon ist. Ausserdem habe ich es wohl mit zuviel Spannung im Vorliek gesetzt. Wieder was gelernt.
Aergerlich, aber nicht so schlimm. Eigentlich ist der Gennaker nur Luxus, ein Spielzeug damit bei leichtem Wind nicht so schnell Langeweile aufkommt. Ohne Gennaker kann man auch den Atlantik ueberqueren, man ist nur vielleicht etwas spaeter am anderen Ufer.
Dann setze ich mich zur Nachtwache mit meinem Weltempfaenger und Kopfhoehrern ins Cockpit und suche die Frequenzen von BBC und Deutsche Welle. Kurzwellenempfang funktioniert nachts auf See ganz gut und so kann man auch allein mitten auf dem Ozean noch ein Ohr in die Welt halten.
Ploetzlich tut es neben mir einen Schlag. Ich sehe mich mit meiner Kopflampe um, und sehe ueberrascht neben mir auf dem Deck einen fliegenden Fisch zappeln, etwa 20cm lang. Seine silbrig feuchten Fluegel flattern hilftlos. Er ist wohl im hohen Bogen ueber unsere Reling geflogen und gegen den Stoff an der Seite der Sprayhood geknallt, was wie ein Trommelschlag klang. Aus Mitleid mit dem kleinen Fisch, besorge ich mir aus der Kueche einen Messbecher, schiebe den zappelnden Fisch da rein, und kippe ihn dann ueber Bord, zurueck in sein Element. Dann faellt mir ein, dass ich noch ein Foto haette machen koennen. Aber das wird nicht der letzte fliegende Fisch gewesen sein, denke ich mir. Das stimmt, aber leider finde ich die anderen dann immer nur tagsueber vertrocknet an Deck.
Am zweiten Tag fahre ich eine Halse, um auf den richtigen Kurs zu den Kapverden zu kommen. Sonst gibt es nicht viel zu tun, ausser kochen, essen und schlafen. Das Kochen gelingt mir bei Seegang ganz gut und das frische Gemuese reicht fuer die ganze Fahrt. Das Essen geht auch einigermassen, und es rutscht uns nicht sehr oft ein Teller vom Tisch. Aber schlafen ist schon schwieriger. In der Vorschiffskoje, wo wir sonst schlafen, hoert man das Wasser laut, und die Bewegungen sind stark, so dass man kaum schlafen kann. Also schlafen wir besser im Salon, allerdings ist es da auch laut, weil das Holzbrett auf dem man Liegt bei jeder Welle hin und her knarzt. Ich beschliesse, bei naechster Gelegenheit die Holzteile, aus denen die Inneneinrichtung besteht, fester miteinander zu verschrauben und verkleben, damit alles weniger Spiel hat und nicht so viel knarzt. Also wieder eine neue Baustelle fuer meine Todo-Liste.
Ausserdem kann ich nicht einschlafen, weil irgendetwas in der Naehe des Mastes regelmaessig dumpf Klonk macht. Schliesslich hat meine Spurensuche mit Taschenlampe Erfolg und ich erkenne, dass die Grossbaumstuetze auf ihrem Bolzen immer einen Millimeter hoch und wieder runterrutscht. Da kann ich erstmal nichts machen, und versuche es zu ignorieren. Am naechsten Abend aber, macht es ein paar Mal ziemlich laut Klonk an Deck. Die Baumstuetze ist abgegangen und klonkt aufs Deck. Der Querbolzen liegt lose daneben. Sein Splint ist weg. Ich lasse mir von Nina Werkzeug und Split duch die Luke aufs Deck hoch geben, und kriege alles wieder zusammengebaut. Das Schiff faehrt dabei unbeirrt weiter seinen Kurs. Segel musste ich nicht wegnehmen, der Grossbaum wird noch von genug anderen Sachen gehalten und die Baumstuetze ist nicht so wichtig. Problem geloest. Schlafen.
Ninas Nerven werden von Tag zu Tag gereizter. Am vierten Tag dreht sie durch. Aber das hilft auch nicht. Aussteigen geht nicht. Aber ich denke, es hilft, wenn sie mehr schlaeft. Bisher haben wir nachts alle vier Stunden Wachwechsel gemacht. Aber das Meer ist leer und es gibt eigentlich nichts zu tun. Also uebernehme ich die ganze Nachtwache, mache sicherheitshalber den Radar-Distanz-Alarm an (piept laut wenn irgendetwas naeher als 5 Meilen kommt) und lege mich auch hin. Ruhig schlafen kann ich auch nicht, aber auf die Art sind wir beide ausgeruhter. Am naechsten Tag geht es ihr schon besser.Kaya kommt mit allem gut zurecht. Sie schlaeft gut, muss ja auch keine Nachtwachen machen. Sie redet zwar noch nicht, aber sie kann schon ausdruecken wenn sie etwas will. Einmal zeigt sie auf das Netz, wo ihre Sachen drin sind, und ich merke, dass ich ihr ihre Schuehchen rausholen soll. Dann will sie die Schuhe anziehen und schliesslich den Niedergang hochgehen. Anscheinend moechte Sie rausgehen, spazieren. Ein verstaendlicher Wunsch aber leider gerade nicht zu erfuellen. Sie ist etwas enttaeuscht, aber es ist kein Drama.

Man merkt, dass es von Tag zu Tag ein wenig waermer wird, wie uns unser Kurs taeglich ueber 100 Meilen weiter nach Sueden bringt. Besonders Nachts muss man jedes Mal weniger anziehen um nicht zu froesteln.
Die Nacht und er Tag vor der Ankunft sind nochmal etwas anders. Ich muss mir mit den Segeln Muehe geben, damit der Kurs nicht zu weit vom Ziel abweicht, wir also keinen grossen Umweg fahren muessen, und damit wir schnell genug fahren - alles damit wir am naechsten Abend vor Dunkelheit im Hafen sind. Der Wind tut seinen Teil und bleibt stetig und stark genug, so dass wir gegen 17 Uhr in den Hafen von Mindelo einlaufen - im Hintergrund die imposante Kulisse der vulkanischen Inseln, deren Berge aus der Ferne wie die verlorenen Schuppen eines Drachen anmuten.
Also insgesamt eine erfolgreiche Fahrt.

1 Kommentar:

  1. hi michi nina und kaya das habt ihr toll gemacht gruesst mir wind und wellen eure kiki

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