06.10.2011

Zurück in Mindelo

Seit ein paar Tagen sind wir nun wieder in Mindelo. Ich kämpfe noch mit dem Ort. Immer noch. Kaum zurück von Santo Antão, bekomme ich prompt wieder Magenkrämpfe und Durchfall. Irgendetwas muss passieren. Und ich merke: Es ist gar nicht der Ort oder das Boot oder das In-der-Fremde-sein - es ist meine eigene Passivität, die mir zu schaffen macht. Ich muss mein Leben in die Hand nehmen. Niemand anderes kann das für mich tun. Hier gibt es keine vorgegebene Struktur, der ich mich anpassen könnte, die mir Sicherheit und Orientierung vermitteln würde. Mein ganzes Leben lang hatte ich mich daran gewöhnt, dass mir irgendwer sagt, wo es lang geht, was ich zu tun habe: Lehrer in der Schule, Studienordnungen an der Uni, Lehrpläne und Stundenpläne in meinen ersten Berufsjahren. Hier aber bin ich auf mich selbst geworfen. Hier gibt es nur das, was ich erschaffe. Und wenn ich nichts erschaffe, gehe ich ein. Also los! Das erste, worum ich mich nun aktiv bemühe, sind Portugiesisch-Stunden. Die Nummer eines Privatlehrers, der für etwa 2 Euro die Stunde Unterricht gibt, liegt seit Wochen hier rum, ich muss nur anrufen. Bisher hatte mich abgehalten, dass ich nicht wusste, wohin mit Kaya in der Zeit. Aber auch dafür findet sich eine Lösung: Bei einem Gang durch die Stadt kommen Michi und ich an einer kleinen Kirche mit Kindergarten vorbei. "Da fragen wir jetzt einfach mal, ob Kaya ab und an hier her kommen kann!", sage ich und ziehe Michi hinter mir her ins Sekretariat. Tatsächlich, kein Problem! Ab morgen könne sie jeden Tag kommen, um 2 Uhr nachmittags kann ich sie abgeben und um 6 wieder holen. Das gibt mir jeden Tag 4 freie Stunden! Yeah!!! Und auch Kinderbetreuung ist hier unglaublich günstig: etwa 7 Euro die Woche.

Schon gleich ist das Leben in Mindelo ein anderes. Ich bringe mein Kind zum Kindergarten, setze mich in ein Café zum Lernen, gehe von 5-6 in meinen Privatunterricht bei Manuel und hole Kaya anschließend wieder ab. Ich fühle mich lebendiger, selbstständiger, freier, aktiver.

Und auch das Sozialleben blüht wieder auf. Petra ist noch da, Julien und Hanane, unsere Freunde aus La Restinga, sind mittlerweile angekommen und ständig lernen wir neue Menschen kennen. Die Saison beginnt, das spürt man.

(Gemeinsames Cachupa-Essen mit allen).

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