Wir lernen J. kennen. Der Abend eskaliert in einem sozialen Desaster. J. behandelt Bertl herablassend arrogant, mich bringt er zum Heulen, Petra hängt verzweifelt zwischen den Stühlen und sieht alles den Bach runter gehen. Sie hatte dem Abend so gespannt entgegengefiebert, wollte unbedingt wissen, was wir von diesem J. halten. Aber was sollen wir tun? Ich bin schockiert von der selbstherrlichen und jeder Empathie entbehrenden Art dieses Mannes, aber ich will ja auch nicht mit ihm zusammensein. Wir können ihr nichts mehr raten, unser Urteil ist doch auch gar nicht so relevant. Ihr aber ist es schon wichtig, sie will, natürlich, dass Menschen, die sie mag, auch ihren Partner mögen. Als wir später nach Hause gehen (wir wohnen immer noch im gleichen Zimmer), fragt sie wieder und wieder, was ich denke. Bei mir beginnt es zu dämmern: Halte dich in Zukunft raus aus Beziehungsdramen!
13.10.
Petra ist mit J. zum Essengehen verabredet, ich habe Bertl und Michi zum Skatspielen auf die Dachterrasse eingeladen und freue mich auf nette, normale Gesellschaft. Der Abend endet anders. Kurz bevor meine Freunde mit Pizza vor der Tür stehen, kommt Petra verweint zurück. Er habe sie versetzt, alles sei ganz schrecklich, dieser furchtbare Mensch, sie wolle sich nur noch betrinken. Wir könnten ruhig in Ruhe spielen und sollten sie ignorieren. Ignoriere mal jemanden, der verstört und verweint neben dir sitzt! Also geht der Abend so aus, dass Massen an Bier angeschleppt werden, Petra sich betrinkt und wir ihr Gesellschaft leisten, während sie pausenlos darüber philosophiert, was bisher alles passiert ist, was er ihr alles angetan hat und wie böse die Welt zu ihr ist. Da sitzen wir also auf der Terrasse, drei Therapeuten, ein Patient. Ich würde ihr so gerne irgendwie helfen. Aber all meine Erfahrungen, all mein gesammeltes Wissen über Psychologie und Kommunikation und Beziehungsarbeit, all meine hart erarbeiteten Einsichten in Konfliktlösungsstrategien nützen hier wenig. Im Gegenteil, irgendwann wirft sie uns vor, wir hätten sie mit unserem Psycho-Gerede nur noch verwirrter gemacht.
Hätten wir vielleicht doch lieber Skat spielen sollen?
16.10.
Petra zieht wieder zu J. aufs Boot. Sie will ihm noch eine letzte Chance geben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen