29.05.2013

Jericoacoara


Der kräftige Passatwind und die starke Strömung des Äquatorialstroms schiebt mich mit Rekordgeschwindigkeit (Etmal 172 Meilen) an der Nordküste Brasiliens entlang nach Westen. Mein Ziel: noch einmal ankern und an Land gehen, bevor ich Brasilien endgültig verlasse.
Im Cruising Guide ist mein gewählter Ort nicht erwähnt, aber auf der Seekarte sieht es machbar aus, und auf Google Earth ist dort ein ankerndes Segelschiff zu sehen. Dessen Koordinaten habe ich mir eingespeichert, und da will ich hin. Aber bitte nicht im Dunkeln ankommen.
Ich fahre 70 Meilen vor der Küste, jenseits des Festlandsockels, um möglichst stark die Strömung auszunutzen. Als ich dann den Kurs Richtung Küste ändere, merke ich, dass mich die Strömung am Ziel vorbeitragen will, und ich muss fast am Wind kämpfen, um da anzukommen, wo ich hinwill. Außerdem muss ich mich beeilen, um noch bei Tageslicht da zu sein. Ich trimme die Segel auf Höchstgeschwindigkeit und am Nachmittag kommt Land in Sicht. Pünktlich zum Sonnenuntergang laufe ich in die kleine offene Bucht ein und im letzten Licht fällt der Anker auf den flachen sandigen Grund. Die Bucht liegt friedlich da, hinter einer riesigen Düne gut geschützt von Wind und Welle.

Ich schlafe gut aus, und am nächsten Morgen mache ich das Schlauchboot klar und gehe an Land. Das ist gar nicht so einfach. Der Strand ist so flach, dass ich 500m weit draußen ankern muss, um genug Wasser unterm Kiel zu haben. Dann muss ich die letzten 50m, wo kleine Wellen brechen, waten und das Schlauchboot ziehen, weil es so flach ist. Und dann muss ich das Boot 100m den Strand hinauftragen zur Hochwasserlinie, damit es nicht weggeschwommen ist, wenn ich wiederkomme. Dabei hilft mir ein netter Tourist, alleine hätte ich das nicht geschafft. Und dann muss ich einen Aufpasser bezahlen, damit niemand Unfug treibt, während ich unterwegs bin.

Ich bin in Jericoacoara, einem abgelegenen aber angesagten Urlaubsort an der wüstenhaften Küste des Bundesstaates Ceará. Weil das Wasser ruhig aber der Wind stetig ist, kommen Kitesurfer und Windsurfer aus der ganzen Welt hier her. Dafür nehmen sie auch die Anfahrt mit Offroad-Bus über Wüstenpisten in Kauf. Nur Brasilianer einer gewissen Schicht, die kommen mit dem Helikopter.
Am Strand reiht sich eine Surf-Schule an die andere. Dazwischen Bars und Hotelanlagen. Ich lasse mir von einer Kite-Lehrerin erzählen, dass die meisten Grundstücke hier Italienern gehören, die, wie ihr Chef, vor Jahren, als es noch billig war, hier investiert haben.
Ich schlendere durch den kleinen Ort. Ich finde ein Internetcafe und rufe mit Skype bei Nina an, die sich sehr freut.

Zum Sonnenuntergang versammeln sich alle Touristen auf der großen Sanddüne neben dem Ort, um zuzusehen, wie die Sonne im Meer versinkt - hier ist einer der wenigen Orte in Brasilien, wo man das kann.
Ich ruhe mich an Bord aus und gehe um Mitternacht nochmal an Land. Heute Nacht gibt es Forró, Livemusik und Tanz. Die Musik ist energiegeladen, aber zum Tanzen fehlt mir etwas der Schwung. Aber schöner Abschied von Brasilien.
Noch einen Tag und eine Nacht mache ich Ruhepause, dann lichte ich am frühen Morgen den Anker und mache mich auf zur nächsten Etappe.

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