06.03.2011

Karneval in Las Palmas

Schon am Morgen ist klar, heute ist ein besonderer Tag. Es ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Eigentlich ein ganz gewöhnlicher Morgen. Aber bei etwas genauerem Hinsehen fällt doch auf, dass irgendetwas anders ist. Die Menschen sehen alle ein bisschen anders aus. Als ich mit Kaya an der Marinafront entlang spaziere auf dem Weg zu den Toiletten, kommt mir eine ganz normale Familie entgegen, Vater, Mutter, zwei Kinder. Der kleine Unterschied ist: Sie haben ihre Nasenspitzen schwarz angemalt und tragen alle rote Westen mit schwarzen Punkten und rote Tüllflügel (was sowohl in Groß bei den Eltern als auch in Mini bei den Kindern sehr witzig aussieht!). Am Straßenrand parkt ein Golf, vor dem gerade ein Grüppchen Wikinger lachend ihre Schwerter zurechtrückt. Und die Klofrau plaudert mit einem blondgelockten Engel, dessen Heiligenschein ein bisschen schief sitzt und dessen göttlich-weißes Gewand nicht ganz die haarigen Beine und die groben Männersandalen bedeckt. Er muss das Gespräch abbrechen, weil ein paar Meter weiter ungeduldig ein quietschrot gekleideter Teufel auf ihn wartet.

Aha!

Fasching!

Stimmt ja...

Wir haben zwar leider kein Familienkostüm, aber den großen Umzug in der Stadt wollen wir uns natürlich ansehen. Zumal er fast direkt am Hafen vorbeiführt. Es ist dann auch nicht schwer, den Weg zur Umzugsstrecke zu finden - man muss nur den Verkleidungen nachgehen. Und die treten witziger Weise fast immer thematisch in Gruppen auf. Vor uns laufen zwei kirchliche Würdenträger die Treppe rauf, hinter uns ein Pärchen im Robinhood-Look. Auf einer Wiese sehen wir eine ganze Gesellschaft in Seeräuberoutfits sich sammeln. Von allen Seiten quellen verkleidete Menschen in die Stadt. Ich fühle mich völlig underdressed!

Dann plötzlich, wie aus dem Nichts, verdunkelt sich der Himmel und es beginnt in Strömen zu schütten. (Na gut, nicht ganz wie aus dem Nichts. Es hatte vormittags auch schon mal geregnet, schien sich aber wieder gefangen zu haben). Jetzt jedenfalls volles Programm. Aus den buchstäblichen Kübeln. Cats and Dogs. Wir rennen triefend zum nächsten überstehenden Dach und warten ab. Dort hat bereits eine große Gruppe Halbstarker in bunten Hawairöckchen Schutz gesucht, Blumenketten um den Hals, bewaffnet mit massenweise Alkohol und Zigaretten. Es wird rumgepöbelt untereinander, so mancher lässt lässig seine Muskeln unter dem Blumenkettchen spielen, vor allem aber haben alle diese unverwechselbare Pose pubertärer Jugend. Noch grün hinter den Ohren, aber nach außen mit allen klischeehaften Gesten und Blicken (von denen sie nicht wissen, dass sie klischeehaft sind) auf obercool machen. Ein bisschen viel unkontrolliertes Testosteron auf einmal, für meinen Geschmack. Und mit denen sind wir hier also am einzigen trockenen Fleck weit und breit erstmal gefangen. So hatte ich mir Karneval nicht vorgestellt. Zum Glück legt sich der katastrophale Wolkenbruch wenig später wieder und wir können doch noch zum Umzug.

Die Straße ist gesäumt mit den witzigsten Verkleidungen. Leider ist es immer noch so bewölkt, dass zum Fotografieren das rechte Licht fehlt. Sonst hätte ich doch zu gern ein paar Schnappschüsse gemacht. Von den beiden, die als Überraschungseier kamen, zum Beispiel, und etwas unbeweglich in ihren dicken weißen Stoffeihüllen aussahen. Oder von den witzigen Babykostümen. Selbst die kleinsten Neugeborenen wurden im Kinderwagen im Minidrachenkostüm angekarrt! Oder von den Außerirdischen (oder sollten es Quallen sein?) oder den klassischen Indianern. Oder von den Höhlenmenschen mit ihren Knochenketten. Toll, so eine Riesenverkleidungsparty! Das sollte man viel öfter machen.


Kaya will auch was sehen vom Faschingsumzug. Leider ist sie, als endlich die ersten Wagen kommen, selig im Kinderwagen eingeschlummert. Da kann selbst die dröhnende Musik, die aus den Lautsprechern schallt, nichts dran ändern.

Wir wecken sie nochmal - aber sehr interessiert an den lustigen vorbeiziehenden Wägen ist sie trotzdem nicht. Wahrscheinlich ist sie viel zu sehr damit beschäftigt, Hunger zu haben und sich auf eine frische Windel zu freuen. Hmpf. Na gut. Ab nach Hause. Obwohl hier die Party jetzt erst richtig losgeht. Aber so ist das eben mit Kind...

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