02.12.2010

Von Fuerteventura nach Gran Canaria, Las Palmas







1.12.
Gegen 12.30 Uhr verlassen wir die nette kleine Marina von Gran Tarajal und begeben uns wieder mal aufs schaukelige Nass.

Wobei man sagen muss, dass die letzten Nächte hier in der Marina auch nicht gerade erholsam waren. Am Montag hat es nachts gestürmt und geprasselt, geblitzt und gedonnert, dass ich dachte, es versenkt uns das Boot jetzt und hier. Und gestern Nacht schunkelten wir auf dem in den Hafen einrollenden Schwell ständig hin und her - begleitet vom Ächzen der Festmacherleinen und vom elendigen Quietschen der am Steg rubbelnden Fender. Alle Geräusche im perfekten Resonanzkörper des Schiffes optimal verstärkt, natürlich. Da kann doch keiner schlafen! (Außer Michi und Kaya, versteht sich - die können ja echt überall schlafen!)

Das Segeln heute jedenfalls ist entspannt, angenehmer Halbwindkurs, nicht mehr viel Welle, steuerbord hügelt sich Fuerteventura malerisch den Horizont entlang, backbord blaut der Atlantik, dahinter irgendwo döst Afrika. Zum sanften Surren des Autopilots sitzen wir an Deck und lesen, unten tobt Kaya und übt die neu gefundene Fortbewegungsart: Brückrutschen. Auf den Rücken werfen, Fußsohlen auf der Matratze abstemmen, Bauchnabel in die Luft strecken, Brücke formen und dann schwungvoll mit den Füßen abstoßen und über die Schultern nach vorne rutschen. (Ich mache eine mentale Notiz: im nächsten Theaterkurs mit Schülern ausprobieren!).

Der Sonnenuntergang ist grandios, kitschig eigentlich schon. Vor allem, als dann noch ein paar Delfine kommen und vor unserem Bug im Licht der untergehenden Sonne Luftsprünge machen...Das hält ja keiner aus, so kitschig ist das!

Ich bin jedesmal wieder verblüfft, wie schnell es dunkel wird, sobald die Sonne weg ist. Das kriegt man ja so in der Stadt nie mit. Hier aber sieht man sie untergehen, mit majestätischem Farbspiel in den Wolken, und plötzlich macht es "plöpp" und sie ist weg und es ist total finster. Das Meer eine einzige schwarze Fläche, das gehügelte Land am Horizont nur noch eine Menge kleiner Lichtpünktchen. Alles auf einmal so ganz anders als tagsüber. Irgendwie sehr schön, sehr friedlich. Aber zugleich auch ein bisschen unheimlich.

Die erste Nachtwachenschicht ist meine. Mir ist ein bisschen flau so im Dunklen. Der Wind macht auch komische Dinge. Manchmal kommt eine Böe, drückt das Schiffchen gewaltig in die Schräglage und jagt es mit 7 Knoten vorwärts, dann wieder herrscht plötzlich beinahe Windstille, die Segel flattern, das Boot eiert irritiert in den Wellen, die Digitalanzeige zeigt 0,0 Knoten. Beides macht Angst. Ich erinnere mich an meinen Yogakurs aus der Schwangerschaft, an diese Übungen zur Vorbereitung auf die Wehen. Wir sollten lernen, den Satz "Ich kann das nicht" oder "Ich habe keine Kraft mehr" (beides Sätze, die ziemlich schnell kommen können in einer extremen Stresssituation) durch positivere Sätze zu ersetzen. Ja zu sagen zu den Schmerzen und zu uns. "Ich kann das" und "Da geht noch was" zu sagen. Geburtsvorbereitung ist Lebensphilosophie.

Also probiere ich das, sage Ja zur Dunkelheit und zum Wind und zu den Wellen. Sage mir, das Schiff kann das, dann kann ich das auch. Und es funktioniert! Ich kann schon viel mehr genießen, muss mich nicht mehr mit bleichen Knöcheln festklammern, kann auch mal nach oben und zur Seite gucken und wahrnehmen, spüren, da sein. Über den Segeln wieder ein Teppich blitzender Sterne. Und neben dem Boot, aufgescheucht vom Spritzwasser unserer Bugwelle, funkeln kleine Planktonteilchen wie Glühwürmchen und zaubern einen zweiten, stets sich wandelnden Sternenhimmel ins tiefschwarze Wasser. Wow. Ist das schön!

Gegen 9 löst Michi mich ab, ich ihn wieder gegen halb 1, er übernimmt dann die letzte Schicht von 4 bis zur Hafeneinfahrt um halb 8. Das letzte Stück musste er den Motor anwerfen, weil der Wind gänzlich verschwunden war.

2.12.
Die Skyline von Las Palmas ist ein Schock, vor allem nach all den kleinen Ortschaften und Ankerbuchten bisher. Willkommen in der Großstadt!

Wenigstens treffen wir einige alte Bekannte hier wieder. Francois mit "Gitan2" checkt mit uns gemeinsam ein, "Stardust" motort vorbei, die lustige fünfköpfige französische Familie aus Rabat ist hier - und überhaupt scheint es eine gesellige Marina zu sein. Riesig. Aber gesellig.

Hallo Gran Canaria!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen